Digitale lateinische Syntax
Für eine lateinische Grammatik ist es ziemlich ungewöhnlich online aufzutreten. Wenn sich die Wachstafelngrammatik dennoch zu diesem Schritt entschlossen hat, liegt dies an den besonderen Möglichkeiten digitaler Präsentation im Vergleich zu traditionellen Medien:
- | Durch themenabhängige Menüs und durch Verlinkung findet man sich besonders gut zurecht. |
- | Der Nutzer kann selbst bestimmen, wie detailliert er ein Phänomen betrachten möchte: Durch Klicken auf eine Satzgraphik geht er ganz nah heran und durch Klicken auf ein Übersichtsmenü nimmt er Abstand. |
- | Die Grammatik ist an kein Format gebunden: So sind die darstellenden Beiträge eher vertikal, die Übersichten dagegen horizontal dargeboten. |
- | Farben sind kein Kostenfaktor. |
- | Digitale Grammatikübungen ermöglichen besonders gut selbstständiges Lernen. |
Hinzu kommt der große Vorteil, Nutzer-Anregungen schnell einarbeiten zu können.
Die Wachstafelngrammatik unterscheidet sich von traditionellen Lateingrammatiken jedoch nicht nur durch den neuen Datenträger, sondern auch durch inhaltliche Neuerungen in der Präsentation der lateinischen Syntax.
Veranschaulichung des Satzbaus mit Wachstafeln und Verbindungsschnüren
Grundlegend und namengebend für die Wachstafelngrammatik ist die Idee, den Bau lateinischer Sätze mit römischen Wachstäfelchen zu veranschaulichen. Bekanntlich wurde in Holzformen heißes Wachs gegossen, auf das man Wörter ritzen konnte. In der Wachstafelngrammatik stehen die Holztäfelchen für die Satzglieder, das Wachs für die Füllungsarten und die eingeschriebenen Wörter für die Wörter eines konkreten Satzes (funktionale Grammatik).
Die Wachstafelngrammatik veranschaulicht jedoch nicht nur die inhaltlich definierten Satzglieder, sondern auch die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen ihnen. Wo Wachstafeln das Prädikat nicht nur berühren, sondern durch Schnüre mit ihm verbunden sind, handelt es sich um Ergänzungen. Wenn man weiß, welche Ergänzungen bei bestimmten Verbgruppen zu erwarten sind, fällt das Übersetzen deutlich leichter (Valenzgrammatik).
Vergleiche mit der deutschen Grammatik
Die Wachstafelngrammatik will mit Anschaulichkeit und leicht verständlichen Erklärungen zur allgemeinen Sprachkompetenz beitragen. Deshalb werden alle Füllungsarten jeweils zunächst im deutsch-lateinischen Kontrast vorgestellt und zusätzlich solche Phänomene des Lateinischen, die es im Deutschen nicht genau so gibt (z.B. Substantiv im Ablativ, AcI), im einzelnen verglichen (kontrastive Grammatik).
Gliederung der Grammatik nach Füllungsarten
Die Wachstafelngrammatik ist nicht zum anfänglichen Erlernen der lateinischen Satzlehre gedacht, sondern als Hilfsmittel in der Lektürephase. Sie ist deshalb nach den Phänomenen geordnet, die durch die Lehrbuchphase bereits bekannt sein sollten: Verb, Partizip, nd-Formen, Substantiv im Genitiv usw. Diese konsequente Ausrichtung der Grammatik auf die Füllungsarten hat den Vorteil, dass man unter den entsprechenden Kapiteln auch wirklich alle Verwendungsweisen einer Füllungsart findet, z.B unter dem Thema "Partizip" auch das substantivierte Partizip und unter dem Thema "Substantiv im Genitiv" auch die Genitiv-Apposition.
Klärung grammatischer Fachbegriffe
Eine Lateingrammatik steht vor dem besonderen Problem, dass sich Begriffe eingebürgert haben, die nicht das bezeichnen, was sie bezeichnen sollten. So nennt z.B. der sogenannte Genitivus partitivus nicht den Teil eines Ganzen, sondern umgekehrt das Ganze eines Teils. Ein "Prädikatsnomen" besteht nicht selten aus einem Adverb. Und ein Participium coniunctum ist nicht enger mit seinem Bezugswort verbunden als ein Partizip in einem Ablativus absolutus, aber die Verbundenheit des Bezugsworts der jeweiligen Partizipialkonstruktion mit dem Satzganzen ist verschieden.
Die Wachstafelngrammatik bemüht sich auf zwei Wegen um begriffliche Klarheit. Erstens ersetzt sie Begriffe, die sachlich falsch sind und deshalb auch in der deutschen Grammatik nicht mehr verwendet werden (z.B. Verzicht auf den Begriff "Prädikatsnomen"). Zweitens erklärt sie ausführlich solche Begriffe, die nicht falsch, aber missverständlich sind (z.B. Participum coniunctum).
Caesar und Cicero als Textbasis der Lektüregrammatik
Da die Wachstafelngrammatik eine Satzlehre für den Lektüreunterricht und die Vorbereitung auf Latinumsprüfungen sein will, stammen ihre Beispielsätze überwiegend von den Autoren, die durch ihre sprachliche Klarheit herausragen und deshalb vor allem übersetzt werden: Caesar und Cicero.
Literatur
Burkhard, Thorsten und Schauer, Manfred: Lehrbuch der lateinischen Syntax und Sematik. Begründet von Hermann Menge, 6. Aufl. Darmstadt 2020 (1. Aufl. Darmstadt 1999)
Kienpointer, Manfred: Latein - Deutsch kontrastiv. Vom Phonem zum Text, Tübingen 2010
Prestel, Peter: Valenzorientierte lateinische Syntax mit Formenlehre, Valenzregister und Lernvokabular, 3. Aufl. Hamburg 2016 (1. Aufl. Bielefeld 2008)
Duden, Bd. 4: Die Grammatik, 7., völlig neu erarbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim 2005